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Tablets

21.01.2014 13:44

Getabt und zugenäht

Tolino Tab heißt das neue Consumer-Tablet von der Deutschen Telekom. 4c hat nachgetappt, ob es sich auch für den kreativen Einsatz eignet.

Schnäppchen: Für ein Tablet unter 200 Euro wirkt das Tolino Tab auf den ersten Blick recht vielversprechend. Aber nur auf den ersten Blick. © beigestellt / Weltbild

Es ist das Tablet-Gegenprogramm zum Kindle Fire von Amazon: In Zusammenarbeit mit Buchhändlern wie Thalia, Hugendubel und Weltbild warf die Deutsche Telekom vor kurzem drei sogenannte „Tolino“-Geräte auf den Markt: zwei Android-Tablets und einen E-Reader. Die Tablets heißen nach ihrer Schirmdiagonale „Tab 7“ und „Tab 8,9“, der E-Reader „Shine“. Im Test lag uns das Tolino Tab 7 vor: klein, kompakt und – ein gewichtiges Argument - unter 200 Euro bilig.

Der Tolino ist zwar ganz auf Medienkonsum getrimmt, aber – so die Vermutung – Medien brauchen Rechenleistung, und die lässt sich ja auch für die kreative Arbeit umfunktionieren: etwa zum Skizzieren und Zeichnen oder als Testgerät für einen Schriftentwurf. Für den Preis wäre das Tolino Tab als kreatives Arbeitsgerät geradezu ein Schnäppchen. 

Schwache Leistung

Performance und Batterie-Lebensdauer stoßen allerdings schnell an ihre Grenzen – und das trotz des stattlichen Lebendgewichts von einem Drittel Kilo. Die Herstellerangaben von zwölf Stunden sind nicht realistisch, im 4c-Test gab das Gerät bereits nach sechs und acht Stunden den Geist auf.

Scrollen geht nur mit Ruckeln und beim Finger-Zeichnen in Sketch-Apps tuckert der gezeichnete Strich dem Finger sichtbar hinterher. Das wirkt auf den ersten Blick ja ganz ulkig, ist beim Arbeiten aber wirklich lästig.

Der Bildschirm selbst ist recht hoch aufgelöst und kontrastreich, insgesamt also ganz ordentlich. Die Kapazitätssensoren für die Tasterkennung sind aber sehr ungenau. Kleine Steuerelemente sind dadurch kaum zu treffen. An ein vernünftiges Arbeiten braucht man schon deshalb kaum denken, weil viele häufig benötigte Gesten wie etwa das Tappen und das Ziehen nicht schnell und genau genug funktionieren. Außerdem ist der Bildschirm spürbar rauer als etwa jener anderer Tablets.

Auch die eingebaute Frontkamera taugt bestenfalls als Webcam und selbst dafür ist sie nicht mehr State of the Art. Spätestens jetzt ist klar: Für den kreativen Einsatz ist das Tolino-Tab ein No-Go.

Lese-Bugs

Aber selbst die E-Book-App lässt zu wünschen übrig. Typografisch und funktionell bleibt sie kurioserweise weit hinter dem hauseigenen E-Reader Tolino Shine zurück. So gibt es etwa keine Alternativen zur jeweiligen Voreinstellung in Sachen Schrift, Bündigkeit und Silbentrennung. Das geht besser.

Außerdem tut sich das Tolino-Tab beim Umblättern schwer: Eine Verzögerung beim Rechts- oder Links-Tappen irritiert. Im Glauben, der erste Tapper wäre nicht registriert worden, blättert man man versehentlich gleich zwei- oder dreimal weiter. In der Nachteinstellung, bei der helle Schrift auf schwarzem Hintergrund stehen sollte, verschwindet die Schrift manchmal ganz. Auch der Tolino-PDF-Viewer ist schlicht zu langsam, um brauchbar zu sein.

Fünf, danke, setzen

Lesen macht also wenig Spaß. Es gibt im Google-Store aber immerhin Alternativen zur niedrigperfomanten Tolino-App. Trotzdem ist das Gerät selbst einfach zu schwer, um als Buchersatz herhalten zu können. Wer einen E-Reader will, ist mit dem Shine deutlich besser aufgehoben.

Bleibt die Frage: Wozu braucht es das Tolino Tab? Die Rechenleistung ist selbst für viele Medien-Anwendungen indiskutabel, von Grafiksoftware ganz zu schweigen. Als YouTube-Jukebox ist es das fünfte Rad am Wagen, als Mobilgerät zu schwer. Dazu kommen die lästigen Ungenauigkeiten des Touchscreens. Der niedrige Preis mag ja sehr verlockend sein, in der Praxis ist das Tolino Tab eher ein Klotz am Bein.

Rainer Scheichelbauer

(4c Printausgabe 1/2014)

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