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Weiterverarbeitung

14.02.2014 14:02

Ein guter Schnitt

Schneidmaschinen gehörten bisher nicht eben zur technologischen Haute Couture einer Druckerei. Eine falsche Investitionsentscheidung beim Schneiden kann Druckereien aber erstaunlich empfindlich treffen.

Ihre Funktion ist scharf begrenzt: Schneiden eben. Doch im Workflow einer Druckerei hat die Schneidmaschine eine achillesfersenhafte Position: Alles was hier hängen bleibt, fehlt später in der Weiterverarbeitung. Die Stanze kann nicht arbeiten, die Falzmaschine bekommt kein Futter. „Wenn nicht vernünftig geschnitten wurde, ist das gesamte Produkt im Eimer. Wir können im Vorfeld noch so gut gedruckt und später noch so sauber gefalzt haben: wenn die Schneidmaschine einen Millimeter daneben liegt, wird der Kunde genau das auch sehen“, erklärt Heiko Mazur, Geschäftsführer  der Druckerei Häuser in Köln. „Wenn an der Falzmaschine etwas schief geht, sieht der Bediener das spätestens nach zehn oder 20 Exemplaren. Wenn er aber ein dickes Paket in der Schneidmaschine hat und der Balken an der falschen Stelle steht, kann er je nach Papier teilweise bis zu 1.300 Bogen wegwerfen. Bei kleinen Auflagen ist das schon der halbe Auftrag.“ Sechs Maschinen von Polar Mohr hat er in seinem Drucksaal in Betrieb.

Gleiche Ergebnisse

Deshalb benötigen Druckereien solide Maschinen, deren Präzision auch jahrelang gewährleistet bleibt. „Eine robuste Bauweise ist das Wichtigste, damit man nicht nur über eine kurze Zeit, sondern zehn Jahre im Dreischichtbetrieb ein immer gleiches Schneidergebnis erzielen kann. Ein Gerät in minderwertiger Qualität bekommt nach fünf, sechs Jahren keinen gleichmäßigen Schnitt mehr hin. Deshalb achten wir darauf, dass der Antrieb und die Mechanik eine hohe Qualität hat“, so Heiko Mazur.

Die einen schneiden, die anderen schneiden auch. Dennoch gibt es gewaltige Preisunterschiede zwischen unterschiedlichen Maschinenmarken. Asiatische Schneidmaschinen kommen gerade mal auf ein Fünftel des Preises für europäische Aggregate. Doch das schreckt die Hersteller nicht: . „Der Qualitätsanspruch ist auch ein Grund dafür, warum die asiatischen Mitbewerber in Europa noch keinen Einzug nehmen konnten“, erklärt Wolfgang Becker, Anwendungsspezialist beim Hofheimer Schneidmaschinen-Hersteller Polar Mohr. „Aus den genau gleichen Gründen ist der Service wichtig, er ist tatsächlich zu einem großen Teil an den Kaufentscheidungen beteiligt. Das beobachten wir zumindest bei unseren Kunden. Mit 25 Jahren Garantie auf Ersatzteile mit einer Verfügbarkeit von 96 Prozent können wir auch garantieren, dass eine Schneidmaschine im Notfall schnellstmöglich wieder einsatzbereit ist.“, sagt Becker.

Das alles bekommt man bei den Qualitätsproduzenten in Europa natürlich nicht für wenig Geld. Und dennoch: „Eine Druckerei sollte sich niemals mit einer Zweiteklassemaschine zufrieden geben und nur den Preis berücksichtigen“, erklärt  Julián Echeverría, Verkaufsdirektor beim spanischen Hersteller Pasaban. „Später bezahlt sie dieses Preisdifferenz nämlich mit einem Mangel an Qualität und der damit einhergehenden Makulatur, Kundenreklamationen und einer geringeren Verfügbarkeit.“

Fragenkatalog

Nicht immer ist es klug, eine alte Maschine einfach gegen eine neue auszutauschen. „Oft fehlt es da an Peripherie - Rüttler, Heber, Lifter. Nach dem Schneiden muss das Material beispielsweise möglichst rasch von der Maschine weggebracht werden. Da helfen Entlader, die es sofort auf eine Palette weiterbefördern. Wenn der Vordertisch voll ist, kann man nicht weiter schneiden. Oft ist nicht nur eine Schneidmaschine, sondern ein komplettes System gefragt. Und das wiederum richtet sich vor allem nach dem Druckvolumen. Wie viel Druckwerke sind vorhanden? Wie viel Druckerzeugnisse werden in einer Stunde produziert? Wie viele Paletten müssen am Tag geschnitten werden? Dementsprechend wird ein System ausgerichtet“, erläutert Wolfgang Becker.

Die Schneidmaschine muss also nicht nur zu den Jobs, sondern auch zum geschätzten Produktionsbedarf passen. In der Regel müssen solche Schätzungen nach einer gewissen Zeitspanne aber revidiert werden. „Folglich sollte der Käufer in Betracht ziehen, dass die Maschine leicht 'upgradefähig' ist, dass es also möglich ist, Funktionen zu ergänzen, die die Produktivität vergrößern“, rät Julián Echeverría.

Flussläufe

Beim Scheiden muss ein Messer durch einen Stapel hindurch, die schon ein paar Zentimeter dick sein kann. Das Messer verdrängt das Material, das davor liegt. Das heißt auch, dieses Material muss wegfließen können. Wenn man ein Material nutzt, das etwa sehr stark statisch aufgeladen wird, das verklebt oder auch durch Rillungen aneinander haftet, dann beweist sich meist erst die trickreiche Konstruktion einer Maschine. „Alles, was fließt, lässt sich auch schneiden. Bei Fotodruckpapier schneidet man im Grunde genommen in Mineralien. Aber auch säurefeste Pappen, Dichtungen, Tapeten oder Linoleum können staubfrei und mit wenig Schmutz geschnitten werden, anstatt sie zu fräsen oder zu sägen. Der Materialpacken wird gedreht und geschnitten bis die Produkte fertig sind. Die Schneidmaschine muss dabei aber immer schneller und automatisierter laufen. Schneidgenauigkeit ist also ein sehr großes Thema“, erläutert Wolfgang Becker.

Messertechnik

Diese Genauigkeit ist einmal natürlich abhängig von der Qualität der Maschine, zum anderen aber auch vom Hauptwerkzeug, dem Messer. HSS-Messer sind für alle Arbeiten geeignet. Dann gibt es noch Hartmetallmesser in den Qualitäten Feinstkorn oder Ultrafeinstkorn. Hartmetall besteht aus Körnchen von Wolframkarbit, die eingelötet odergeklebt werden. Je feiner das Wolframnkarbit gemahlen wird, desto besser lässt es sich später schleifen. Nichtsdestotrotz ist die Oberfläche aber leicht gekörnt und kann deshalb niemals so glatt werden wie HSS-Stahl. „Das Messer ist das Hauptwerkzeug. Wenn man keinen guten Messerschleifer an der Hand hat, der diese Messer wieder schärfen kann, nützt auch die beste Maschine nichts. Vom Messer ist es einfach ganz primär abhängig“, so Becker.

Schnittmuster

Immer entscheidender für den Fertigungsprozess: natürlich die Software. Schneidmaschinen sind heute nicht mehr isolierte Stationen in der Produktion. Durch die Vernetzung mit der Druckvorstufe können Schneidporgramme heute außerhalb der Maschine erstellt werden. „Bei den Formen, die wir schneiden, gibt es teilweise fünf, sechs verschiedene Formate auf einem Bogen. Ein guter Bediener benötigt dafür bestimmt eine Viertelstunde, um ein Scheidprogramm zu erstellen.“, sagt Druckereichef Heiko Mazur. Mit der Übernahme von Daten aus der Vorstufe – bei Polar Mohr heißt die entsprechende Software Compucut - braucht er nur auf einen Knopf zu drücken und eine Minute später hat er das Programm fertig in der Maschine und kann loslegen.

Heiko Mazur jedenfalls hat ein verbindliches Kriterium für die Qualität seiner Schneidmaschinen: „Die einzige Maschine, die noch weniger fehleranfällig ist als die Schneidmaschinen, ist nur der alte Tiegel von Heidelberg. Die Technikereinsätze gehen gegen Null. Und wir haben immerhin sechs Maschinen, die rund um die Uhr arbeiten.“

Anja Schlimbach

(4c Printausgabe 1/2014)

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